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Bericht in der Winterthurer Zeitung
«Race for life»-Einsatz
05.09.2017 09:59 Winterthur/Bern Franco Marvulli, Regula Späni und Henri Gammenthaler waren beim kürzlichen «Race for life» in Bern für die Krebshilfe als Moderatoren im Einsatz! Alle drei, der in der Region Winterthur wohnhafte Rad-Olympiamedaillengewinner Marvulli, die Winterthurer Ex-Spitzenschwimmerin und TV-Sportreporterin Späni und der in Seen aufgewachsene ehemalige Radio-Reporter und Radsportexperte Henri Gammenthaler machten ihre Sache ausgezeichnet. |
«Wenn ich Erfolg habe, bin ich gerettet»
(Nachruf zu Ferdy "Ferdy National" Kübler / Bluewin.ch 30.12.2016)
Mit dem Tod von Ferdy Kübler († 97) geht eine unvergleichliche Schweizer Radrennsport-Epoche zu Ende. Kübler-Freund und Radsport-Kommentator Henri Gammenthaler (76) huldigt in einigen ganz persönlichen Anekdoten einen der grössten Schweizer Sportler aller Zeiten.*
Ferdy Kübler war eigentlich nicht besonders talentiert, aber er hatte den Willen eines Stiers und er konnte mehr leiden als alle anderen. Das hatte seine Gründe: Ferdy hatte eine schwierige Kindheit, sein Vater verteilte mehr Schläge als Essen, er tyrannisierte die ganze Familie, sodass diese in Angst und Schrecken lebte. Im zürcherischen Marthalen, wo Kübler aufwuchs, sagte man den Kindern: «Wenn du nicht parierst, bringen wir dich dem Kübler!» Ferdy hatte nur ein Ziel vor Augen: Er wollte so schnell es nur ging weg von zuhause. Er sollte es schaffen und Jahre später Schweizer Sportgeschichte schreiben. Weiter noch: Kübler sollte ein Idol einer ganzen Generation werden. Er wurde «Ferdy National».
1950, als ich 10 Jahre alt war, sah ich Ferdy erstmals «live», wie man heute sagt. Anlässlich der Tour de Suisse besuchte ich den Etappenort Winterthur und ich war angetan von der Aura des damaligen zweifachen Tour-de-Suisse-Siegers. Ferdy war ein Held, der in diesem Jahr die Tour de France gewinnen sollte, von Allüren aber keine Spur. Stets nahm er sich Zeit für grosse und kleine Fans und für die Journalisten, die schon damals aufdringlich sein konnten.
Für mich war klar, dass auch ich Radrennfahrer werden wollte. Ferdy war eine Inspiration, die 1957 eine neue Dimension bekam. Als ich auf der offenen Rennbahn in Oerlikon trainierte, drehte Ferdy Kübler neben mir als Strassenfahrer locker seine Bahnrunden. Plötzlich fragte er mich: «Kleiner, ziehst du mir mal einen Spurt an?» Ich war nervös und mein Adrenalinspiegel schoss in die Höhe, als wäre ich vor dem entscheidenden Sprint an der Schweizer Meisterschaft. Kübler beendete in diesem Jahr seine Karriere und war vielleicht nicht mehr so fit wie in den Jahren zuvor. Ich wiederum war jung und spritzig. Ferdy unterschätzte meine jugendliche Grundschnelligkeit und er konnte mich auf der Zielgeraden nicht mehr abfangen. Er frage mich danach: «Kleiner, wie heisst du?» Ich sagte ihm meinen Namen – es sollte der Beginn einer speziellen Freundschaft werden.
Ferdy liess mich an seiner Geschichte teilhaben und ich begleitete ihn fortan als Moderator an Talk-Shows und zu Autogrammstunden. Kübler vertraute sich mir an, seine Lebensgeschichte ging mir durch Mark und Bein. Da war sein jähzorniger Vater, der nicht nur zuschlug, sondern ihm auch sein erstes Rennvelo zertrümmerte. Ferdy wusste früh: «Wenn ich Erfolg habe, bin ich gerettet.» Er trainierte mit eisernem Willen, verdiente ein paar wenige Franken mit Gelegenheitsjobs. Doch seine Leidenschaft blieb das Radrennfahren. Verschiedene Schweizer Radsportmanager wurden in der Folge auf diesen «Pedaleur Fou» aufmerksam und so kam es, dass Ferdy erstmals in seinem Leben Unterstützung erfuhr. Sogar ein Wirt sponserte ihn. Kübler durfte täglich ein komplettes Menü mit Fleisch essen, ohne bezahlen zu müssen. Dem jungen und bescheidenen Rennfahrer kam dies alles vor wie ein wahres Wunder.
In seinen ersten Jahren als Rennfahrer fuhr «Der Adler von Adliswil» wild, ohne Taktik und ohne Respekt vor seinen Gegnern. Er hörte nur auf seinen Körper und sein Herz. Sein erster professioneller Betreuer und Manager brachte ihm mit Erfolg das Profi-Radrennfahrer-ABC bei, Kübler reifte zum kompletten Fahrer. Auf dem Velo war er ein ehrgeiziger, gnadenloser und manchmal auch rücksichtsloser Kämpfer. Mit diesem Verhalten schaffte er sich nicht nur Freunde. Als Folge seiner harten Jugend war er in seinem Innersten unsicher, er sehnte sich nach Anerkennung und natürlich auch nach Liebe, die er als Kind nie erfahren durfte. Eines Tages erzählte er mir: «Wenn ich in einem Rennen völlig kaputt bin, dann denke ich: ‘Ferdy, du musst leiden, du musst gewinnen’.» Er hatte sich geschworen, nie mehr arm zu sein. Nie mehr.
Mit seiner unverkennbar schnellen Art zu sprechen, erzählte mir Ferdy bis ins kleinste Detail von seinen grossen internationalen Erfolgen. Seine Augen leuchteten und seine Begeisterung kannte auch im hohen Alter keine Grenzen. Doch eine Geschichte beschäftigte ihn noch lange nach seiner Karriere. Wenn es um die Tour de France 1955 ging – und die Etappe am Mont Ventoux – wurde Kübler nachdenklich. Damals fuhr er wie von Sinnen im Zickzack die Kalksteinwüste hoch, hatte aber am Ende genug Energie, um sich wie verrückt zu echauffieren. Irgendetwas stimmte nicht. Dopingvorwürfe machten die Runde, man soll bei Zimmerkontrollen sogar Spritzen gefunden haben. Kübler bestritt zeit seines Lebens, jemals gedopt zu haben. Doch dieser Aufstieg habe ihn «getötet», sagte er. «Dieser weisse Mythos hat die Radlegende Ferdy Kübler zerstört.» So weit kam es zum Glück nie. Kübler bleibt über seinen Tod hinaus eine Legende. Nach seiner Karriere wurde er an der Tour de Suisse als «Ferdy National» verkauft, sein Palmarès blieb ebenso unerreicht wie seine Popularität. Und seine Lebensgeschichte ist einzigartig.
Eine letzte Anekdote, die ich in meinem Leben nie vergessen werde, und die den so positiven Menschen Ferdy Kübler beschreiben kann, ereignete sich vor wenigen Jahren: Als Ferdy schon ein älterer Mann war, musste er sich operieren lassen, ich besuchte ihn im Spital. Er tat mir leid, denn er sah sehr müde und bleich aus. Eine harte Erfahrung für jemanden, dem sein Körper früher alles ermöglichte. Doch dann sprudelte es wieder nur so aus ihm heraus: «Henri, schau dir einmal meine Beine an. Da ist immer noch kein Gramm Fett dran. Ich habe immer noch eine Haut wie aus Seide». So war Ferdy, er sah auch in schwierigen Stunden stets das Positive.
Mit ihm geht heute ein ganz Grosser und ich wünsche Ferdy auf seiner letzten Etappe alles Gute.
Danke für die Freundschaft,
Dein Henri
1950, als ich 10 Jahre alt war, sah ich Ferdy erstmals «live», wie man heute sagt. Anlässlich der Tour de Suisse besuchte ich den Etappenort Winterthur und ich war angetan von der Aura des damaligen zweifachen Tour-de-Suisse-Siegers. Ferdy war ein Held, der in diesem Jahr die Tour de France gewinnen sollte, von Allüren aber keine Spur. Stets nahm er sich Zeit für grosse und kleine Fans und für die Journalisten, die schon damals aufdringlich sein konnten.
Für mich war klar, dass auch ich Radrennfahrer werden wollte. Ferdy war eine Inspiration, die 1957 eine neue Dimension bekam. Als ich auf der offenen Rennbahn in Oerlikon trainierte, drehte Ferdy Kübler neben mir als Strassenfahrer locker seine Bahnrunden. Plötzlich fragte er mich: «Kleiner, ziehst du mir mal einen Spurt an?» Ich war nervös und mein Adrenalinspiegel schoss in die Höhe, als wäre ich vor dem entscheidenden Sprint an der Schweizer Meisterschaft. Kübler beendete in diesem Jahr seine Karriere und war vielleicht nicht mehr so fit wie in den Jahren zuvor. Ich wiederum war jung und spritzig. Ferdy unterschätzte meine jugendliche Grundschnelligkeit und er konnte mich auf der Zielgeraden nicht mehr abfangen. Er frage mich danach: «Kleiner, wie heisst du?» Ich sagte ihm meinen Namen – es sollte der Beginn einer speziellen Freundschaft werden.
Ferdy liess mich an seiner Geschichte teilhaben und ich begleitete ihn fortan als Moderator an Talk-Shows und zu Autogrammstunden. Kübler vertraute sich mir an, seine Lebensgeschichte ging mir durch Mark und Bein. Da war sein jähzorniger Vater, der nicht nur zuschlug, sondern ihm auch sein erstes Rennvelo zertrümmerte. Ferdy wusste früh: «Wenn ich Erfolg habe, bin ich gerettet.» Er trainierte mit eisernem Willen, verdiente ein paar wenige Franken mit Gelegenheitsjobs. Doch seine Leidenschaft blieb das Radrennfahren. Verschiedene Schweizer Radsportmanager wurden in der Folge auf diesen «Pedaleur Fou» aufmerksam und so kam es, dass Ferdy erstmals in seinem Leben Unterstützung erfuhr. Sogar ein Wirt sponserte ihn. Kübler durfte täglich ein komplettes Menü mit Fleisch essen, ohne bezahlen zu müssen. Dem jungen und bescheidenen Rennfahrer kam dies alles vor wie ein wahres Wunder.
In seinen ersten Jahren als Rennfahrer fuhr «Der Adler von Adliswil» wild, ohne Taktik und ohne Respekt vor seinen Gegnern. Er hörte nur auf seinen Körper und sein Herz. Sein erster professioneller Betreuer und Manager brachte ihm mit Erfolg das Profi-Radrennfahrer-ABC bei, Kübler reifte zum kompletten Fahrer. Auf dem Velo war er ein ehrgeiziger, gnadenloser und manchmal auch rücksichtsloser Kämpfer. Mit diesem Verhalten schaffte er sich nicht nur Freunde. Als Folge seiner harten Jugend war er in seinem Innersten unsicher, er sehnte sich nach Anerkennung und natürlich auch nach Liebe, die er als Kind nie erfahren durfte. Eines Tages erzählte er mir: «Wenn ich in einem Rennen völlig kaputt bin, dann denke ich: ‘Ferdy, du musst leiden, du musst gewinnen’.» Er hatte sich geschworen, nie mehr arm zu sein. Nie mehr.
Mit seiner unverkennbar schnellen Art zu sprechen, erzählte mir Ferdy bis ins kleinste Detail von seinen grossen internationalen Erfolgen. Seine Augen leuchteten und seine Begeisterung kannte auch im hohen Alter keine Grenzen. Doch eine Geschichte beschäftigte ihn noch lange nach seiner Karriere. Wenn es um die Tour de France 1955 ging – und die Etappe am Mont Ventoux – wurde Kübler nachdenklich. Damals fuhr er wie von Sinnen im Zickzack die Kalksteinwüste hoch, hatte aber am Ende genug Energie, um sich wie verrückt zu echauffieren. Irgendetwas stimmte nicht. Dopingvorwürfe machten die Runde, man soll bei Zimmerkontrollen sogar Spritzen gefunden haben. Kübler bestritt zeit seines Lebens, jemals gedopt zu haben. Doch dieser Aufstieg habe ihn «getötet», sagte er. «Dieser weisse Mythos hat die Radlegende Ferdy Kübler zerstört.» So weit kam es zum Glück nie. Kübler bleibt über seinen Tod hinaus eine Legende. Nach seiner Karriere wurde er an der Tour de Suisse als «Ferdy National» verkauft, sein Palmarès blieb ebenso unerreicht wie seine Popularität. Und seine Lebensgeschichte ist einzigartig.
Eine letzte Anekdote, die ich in meinem Leben nie vergessen werde, und die den so positiven Menschen Ferdy Kübler beschreiben kann, ereignete sich vor wenigen Jahren: Als Ferdy schon ein älterer Mann war, musste er sich operieren lassen, ich besuchte ihn im Spital. Er tat mir leid, denn er sah sehr müde und bleich aus. Eine harte Erfahrung für jemanden, dem sein Körper früher alles ermöglichte. Doch dann sprudelte es wieder nur so aus ihm heraus: «Henri, schau dir einmal meine Beine an. Da ist immer noch kein Gramm Fett dran. Ich habe immer noch eine Haut wie aus Seide». So war Ferdy, er sah auch in schwierigen Stunden stets das Positive.
Mit ihm geht heute ein ganz Grosser und ich wünsche Ferdy auf seiner letzten Etappe alles Gute.
Danke für die Freundschaft,
Dein Henri
* Dieser Artikel wurde im Auftrag von Bluewin.ch verfasst und erstmals am 30.12.2016 auf bluewin.ch publiziert.
Henri Gammenthaler in den Medien:
"Henri Gammentaler - die Stimme am Silvesterlauf" (Glattaler / 04.12.2015)
SCHWERZENBACH. Am Sonntag, 13. Dezember, findet der traditionelle Zürcher Silvesterlauf statt. Stimme des Anlasses ist auch dieses Jahr der Schwerzenbacher und legendäre Sportreporter.
> Artikel als PDF öffnen
www.glattaler.ch
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www.glattaler.ch
"Die Stimme ist verstummt." (Swiss Bike Magazine / Mai 1998)
Henri Gammenthaler war die Seele der Offenen Rennbahn in Zürich Oerlikon. Nach knapp zwanzig Jahren räumt er nun als Speaker das Feld. Auf dem Oval wird's noch leerer, denn..."
Ein Porträt von Daniel Wagner, 1998
Ein Porträt von Daniel Wagner, 1998
(Daniel Wagner, Swiss Bike Magazin / Mai 1998)
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"Gammis Seele fährt mit" (Glattaler / 20.06.2014)
Schwerzenbach. Übermorgen stehen die Sieger der Tour de Suisse fest. Henri Gammenthaler weiss seit einer Woche fast sicher, wer auf das Podest steigt. Hellseher ist er nicht, aber ein Realist mit einem unglaublichen Radsportwissen. (Glattaler, 20.06.2014)
Artikel als PDF öffnen (645 KB)
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Zum Abschied von Franco Marvulli (Kommentar auf Bluewin.ch)
"In seinem Kommentar huldigt Rad-Experte Henri Gammenthaler den abtretenden Bahnspezialisten Franco Marvulli. Er wünscht dem 35-Jährigen den Sieg bei den Zürcher Sixday-Nights, findet aber auch kritische Worte, wonach der hoch talentierte Marvulli in seiner Karriere oft den Weg des geringsten Widerstands wählte."
Artikel: www.bluewin.ch/content/bluewin/de/sport/rad/teleclub-artikel/2013/11/der-spezialist-demalleseinbisschenleichterfiel.html (nicht mehr online) |
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Tour de Suisse Spezial 2013 auf Bluewin.ch
TEIL 1:
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TEIL 2:
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TEIL 3:
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Interview "Spitzensport ohne Dopings gibts nicht."
(Bluewin.ch/17.01.2013)
Rund um das Doping-Geständnis von Lance Armstrong bei der Talkshow-Moderatorin Oprah Winfrey.
(Artikel auf bluewin.ch leider nicht mehr online.)
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